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Wenn der Rubel weiter rollt: So schadet man sich selbst

Scrabble-Steine, die als Quadrat ausgelegt sind und das Wort "Integrity" bilden

Was kostet es, aktuell weiterhin mit Russland im Geschäft zu bleiben? Meiner Ansicht nach sehr viel. Zumal, wenn man von sich behauptet hat, das wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine nicht mehr zu tun. Nur dumm, wenn das reale Verhalten nicht zu den eigenen Aussagen passt. Einen Kommunikations-Super-GAU erleben aus diesem Grund gerade etliche Unternehmen, die von unverdächtiger Seite beim Lügen über ihre Russlandgeschäfte erwischt wurden: Prof. Jeffrey Sonnenfeld, Ökonom an der renommierten Yale School of Management, nennt in einem Interview der Wirtschaftswoche nicht nur die schwarzen Schafe aus seiner Russland-Liste beim Namen, sondern bezeichnet sie – wie ich finde durchaus zu Recht – als “einfach gierig und feige”.

Eines der namentlich als nach wie vor in Russland aktiven Unternehmen, das eigentlich seinen zumindest teilweisen Rückzug aus dem Land postuliert hat, ist Nestlé. Der schweizerische Multimilliarden-Konzern ist seit jeher eher selten durch ethisch korrektes Verhalten aufgefallen und deshalb auf Verbraucherseite schon länger immer wieder Shitstorms und Boykottaufrufen ausgesetzt. Insofern ist auch diese Runde der öffentlichen Schmähungen eine, die den Schweizern inzwischen nicht unbedingt beim Aufbau eines positiven Images helfen dürfte. Leider tut es dem Konzern aber offenbar noch nicht genug weh, was an nachhaltig schlechtem Image aus dieser und anderen Verhaltensweisen an ihm kleben bleibt.

Andere könnten da eventuell sensibler reagieren auf das Interview, das Prof. Sonnenfeld mit klaren Worten zur Veröffentlichung autorisiert hat. Tatsächlich ist eher unverständlich, warum renommierte Unternehmen wie Claas (Landmaschinen), Heidenhain (u. a. CNC-Steuerungen für Werkzeugmaschinen) oder die Boutique-Kette New Yorker weiterhin in Russland Geschäfte machen. Wer so alles auf der Yale-“Liste der Schande” steht, können Sie übrigens auch in einer übersichtlichen Liste mit Suchfiltern selbst ermitteln: https://som.yale.edu/story/2022/over-1000-companies-have-curtailed-operations-russia-some-remain

Warum kümmert mich das als Kommunikationsberater? Nun, eigentlich ist das zu knapp eingegrenzt: Denn mich kümmert es auch als jemand, der zumindest rudimentär rechnen kann. Denn wenn man einmal grob überschlägt, welche Kosten ein solches Verhalten mit sich bringt, dann sollte selbst ein minderbemittelter Betriebswirtschaftler schnell zu dem Ergebnis kommen, dass man spätestens mittelfristig Verluste macht, wenn der Rubel weiter rollt:

  • Der Verlust an Glaubwürdigkeit im Markt schadet massiv. Und es erfordert nicht nur einen langen Atem, sondern auch viel Geld in Sachen Marketing, um ein tragfähiges Bild im Markt von sich zu generieren, das wieder positive Entwicklungen von Geschäftszahlen zulässt.
  • In Zeiten des Fachkräftemangels können sich gerade die Mitarbeitenden in Schlüsselpositionen oder potenzielle Bewerbende sich dagegen entscheiden, einen Posten bei einem der Gier-getriebenen “Russlandversorger” zu behalten oder sich gar um diesen zu bewerben. Das Risiko, gute Kräfte an ethisch verlässlichere Mitbewerber im Markt zu verlieren, wächst mit jedem Tag, an dem die offenkundig weniger Moral-getriebene Russlandverbindung bestehen bleibt. Denn auch Nestlé-Mitarbeitende haben mutmaßlich ein Gewissen.
  • Die Gewinne, die man in Russland aktuell möglicherweise noch einfährt, müssen auch gegen die potenziellen Verluste durch diese Verbindung in anderen Märkten gegengerechnet werden.

Alles in allem kann man getrost davon ausgehen, dass sich das Russlandgeschäft nicht nur nicht wirklich in Summe lohnt, sondern sich mittelfristig auch rächen wird – in Form von schlechteren Umsätzen, von Imageschäden und wachsenden Personalproblemen. Die Aussage, dass man mit seinen Lieferungen ja nur der russischen Bevölkerung und nicht Putins Regime helfen wolle, ist fadenscheinig, wie Prof. Sonnenfeld im WiWo-Interview deutlich macht. Der Schaden wird also täglich größer, der durch den weiter rollenden Rubel auf Unternehmensseite entsteht. My 2 cents.

Foto von Brett Jordan von Pexels: https://www.pexels.com/de-de/foto/holz-typografie-fotografie-verbindung-10815211/

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